Zukunft braucht Kooperation
Netzwerke und Allianzen werden immer wichtiger – nicht nur als Instrument zur Bewältigung aktueller Herausforderungen, sondern auch als Motor für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, sagen Wirtschaftsexperten.
Netzwerke und Allianzen werden immer wichtiger – nicht nur als Instrument zur Bewältigung aktueller Herausforderungen, sondern auch als Motor für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, sagen Wirtschaftsexperten.
Oktober 2025 – Die Zukunft der europäischen KMU liegt in der konsequenten Umsetzung eines partnerschaftlichen Ansatzes. Das ist die Ansicht von Dr. Christian Schröder (Foto), Forschungskoordinator am Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn. In einer Welt, in der keine Branche mehr alleine überleben kann, wird die Fähigkeit zur Zusammenarbeit zu einer entscheidenden Kompetenz. „Kooperation führt zu Win-Win-Situationen – für Unternehmen, Branchen und letztlich für die Gesellschaft“, erklärt Dr. Schröder in einem Interview mit System Alliance Europe.
„Gerade in Zeiten globaler Unsicherheit und technologischer Umbrüche ist es entscheidend, dass kleine und mittlere Unternehmen ihre Kräfte bündeln und offen für Partnerschaften sind“, betont der deutsche Ökonom.
Besonders kleine und mittelständische Unternehmen, lange Zeit als anpassungsfähig und krisenfest geschätzt, geraten zunehmend unter Druck. Doch in einer Zeit, in der sich globale Märkte in Echtzeit verändern, Lieferketten reißen und technologische Sprünge enorme Investitionen erfordern, stößt auch das robusteste Einzelunternehmen an seine Grenzen.
Doch statt auf Abschottung setzen viele heute auf das Gegenteil: auf Kooperation. Netzwerke und Allianzen gewinnen massiv an Bedeutung – nicht nur als Instrument zur Bewältigung aktueller Herausforderungen, sondern auch als Triebfeder für Innovation und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Hier entfalten mittelständisch geprägte Netzwerke ihre volle Kraft. Sie ermöglichen es, Know-how zu bündeln, Risiken zu teilen, Synergien zu heben und neue Geschäftsfelder gemeinsam zu erschließen. Kooperation wird zur strategischen Notwendigkeit.
„Um wettbewerbsfähig bleiben zu können, generieren häufig vor allem kleinere Unternehmen, die meist keine eigene Forschung- und Entwicklungsabteilung haben, gemeinsam mit externen Partnern Produktinnovationen“, sagt Dr. Christian Schröder, Projektkoordinator am Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn.
Kooperationen seien ein vielversprechender Ausweg. Sie könnten „verschiedene Fähigkeiten von zwei oder mehreren Partnern zusammenführen, die neue Wege in der Produktentwicklung ermöglichen und zugleich das Risiko des Scheiterns reduzieren.“ Als Beispiel nennt er etwa die Zusammenarbeit etablierter Mittelständler mit Start-ups: „Das junge Unternehmen erhält Zugang zu neuen Märkten – und der Mittelstand zu neuen Technologien.“
Gleichzeitig verbessern Netzwerke auch die operative Resilienz. Gerade in geopolitisch instabilen Zeiten bieten gemeinsame Beschaffungsstrategien, eine diversifizierte Lieferkette oder geteilte Risikopuffer entscheidende Vorteile. Hinzu kommen wirtschaftliche Effekte: Eine gestärkte Verhandlungsposition gegenüber Großkunden, Lieferanten oder Banken, verbesserter Zugang zu Märkten und eine stärkere Sichtbarkeit am Markt sind nur einige der positiven Nebenwirkungen, die aus der Gemeinschaft erwachsen.
Doch wie jede Form der Zusammenarbeit ist auch Kooperation kein Selbstläufer. „Voraussetzung für eine erfolgreiche Partnerschaft ist es, sich auf Augenhöhe und mit der notwendigen Offenheit zu begegnen“, betont Schröder. Vor allem die Führungskräfte in mittelständischen Unternehmen hätten oftmals Vorbehalte und ein vergleichsweise stark ausgeprägtes Sicherheitsdenken. Entsprechend würden sie noch zu oft zögern, mit Start-ups zu kooperieren. Andersherum wünschen sich die jungen innovativen Unternehmen manchmal mehr Schnelligkeit und Mut vom Partner.
„Der Austausch mit anderen Unternehmen führt häufig zu besseren Lösungen, vermeidet Fehler – und schafft Netzwerke, die über den konkreten Anlass hinaus Bestand haben“, ergänzt Werner Broeckmann, Leiter der Fachgruppe Bauwirtschaft im Verband „Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater“, der vor einiger Zeit mit der eigenen Firma eine Kooperation eingegangen ist. Voraussetzung dafür sei ein gewachsenes Vertrauensverhältnis. „Kooperation bedeutet mehr als gemeinsames Arbeiten: Sie erfordert Offenheit, Ehrlichkeit und den Mut, auch über Probleme zu sprechen“, betont er und Thomas Schader, ebenfalls KMU-Berater, fügt hinzu: „Kooperationen im Mittelstand ermöglichen Unternehmen, fehlende Kompetenzen zu ergänzen und gemeinsam größere Projekte zu bewältigen, die einzelne Firmen allein nicht stemmen könnten.“
Auch die technologische Infrastruktur spielt eine zentrale Rolle bei der Förderung neuer Kooperationsmodelle. „So sind beispielsweise (über)regional digitale Plattformen sehr hilfreich, damit kooperationswillige Unternehmen sich mit einem kurzen Profil, ihrem jeweiligen Angebot oder Bedarf präsentieren und so entsprechende Partner finden können“, sagt Schröder vom IfM. Er sieht außerdem die öffentliche Hand er in der Verantwortung: Der Staat als öffentlicher Auftraggeber, der Aufträge im Wert von mehreren hundert Milliarden Euro im Jahr vergibt, könnte für mehr Innovationen im Mittelstand sorgen. So ließe sich beispielsweise durch eine Zentralisierung der Vergabeplattformen der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen vereinfachen.
Ein Beispiel für gelebte Kooperation ist die System Alliance Europe (SAE), ein Zusammenschluss mittelständischer Speditionsunternehmen aus 32 europäischen Ländern. Was als logistisches Netzwerk begann, ist heute ein lebendiges Innovationsökosystem. Gemeinsam arbeiten die Partner an Lösungen für digitale Sendungsverfolgung, automatisierten Datenaustausch, nachhaltige Transportlösungen oder KI-basierte Prognosen in der Supply Chain.
„Kooperationen wie die SAE sind die Zukunft. Gerade in Zeiten globaler Unsicherheiten und technologischer Umbrüche ist es von entscheidender Bedeutung, dass mittelständische Unternehmen ihre Kräfte bündeln und offen sind für Partnerschaften“, betont KMU-Berater Schader.
Die Zukunft des europäischen Mittelstands liegt in der konsequenten Öffnung für partnerschaftliches Denken, darin sind sich die Experten einig. Kooperation ist kein Zeichen von Schwäche – im Gegenteil. Sie ist Ausdruck von Weitsicht, strategischem Denken und unternehmerischem Mut, sind sie überzeugt. In einer Welt, in der keine Branche mehr für sich allein bestehen kann, wird die Fähigkeit zur Zusammenarbeit zur entscheidenden Kompetenz. „Kooperationen führen zu Win-Win-Situationen – für Unternehmen, Branchen und letztlich für die Gesellschaft“, resümiert Dr. Schröder. Netzwerke wie die System Alliance Europe zeigen, dass aus dieser Haltung nicht nur Effizienzgewinne, sondern auch echte Innovationen entstehen können.